Lieber auf der grünen Welle - Casa Corazon

Mallorca Magazin März 2007 von Andrea Rau
Aktien-Brokerin hilft bei Stressbewältigung.
„Erst das Vergnügen, dann die Arbeit”
Ich weiß selbst sehr gut, was Stress bedeutet und wie schlecht wir oft damit umgehen. Heute bin ich mir beispielsweise bewusst, dass ich früher einige Symptome hatte, die auf Burnout hinweisen – nur, dass man das damals noch nicht Burnout nannte und nicht als solches ernst genommen wurde”, erzählt Martina Straub. 13 Jahre lang arbeitete die heute 40-Jährige auf dem Parkett, wo die Stress-Spirale ihre größten Runden dreht – als Aktien-Brokerin an der Frankfurter Börse.
Heute hilft sie nach zahlreichen Ausbildungen Menschen als Mental- und Wellness-Coach in ihrer Praxis in Palma und ihrem Seminarhaus in der Cala Mandia. Ihr Ziel: „Ich bringe Menschen vom Stop and Go zur grünen Welle.” Am Wochenende hatte sie wieder zu einem Anti-Stress-Seminar geladen.
„Die Arten von Stress sind vielfältig”, sagt Martina Straub. „Es bedeutet immer einen Überdruck und ein ,zu viel*.” Zu ihr kommen Workaholics wie der Schweizer Unternehmensberater Kurt. Oder Maya, die es stresst, dass sie seit anderthalb Jahren in Portocolom wohnt, auf Mallorca aber noch nicht richtig Wurzeln geschlagen hat. Elke möchte ihre schlechte Charaktereigenschaft los werden, immer alles erst auf den allerletzten Drücker zu erledigen und dadurch den Stress regelrecht zu produzieren.
„Es gibt auch positiven Stress”, erklärt Straub, „den haben wir zum Beispiel, wenn wir eine tolle Idee haben, die uns antreibt, sie sofort umsetzen zu wollen.” In den vier Seminartagen versucht sie deswegen, die Teilnehmer erst einmal zur Ruhe zu bringen, durchatmen zu lassen und dann mit positiver Schaffenskraft zu füllen.
Erster Tagesordnungspunkt: Ein Lauf am Strand, der nicht nur frischen Wind um die Nase, sondern auch ins Leben bringt. Dann geht*s über zur Meditation in der Sonne der Dachterrasse.
In der Meditation seien wir ganz auf das Jetzt konzentriert, erklärt sie. Das Schöne: Im Jetzt gibt es keine Probleme – die beziehen sich immer auf Zukünftiges oder Vergangenes. Positiver Nebeneffekt: In der Entspannung lösen sich Probleme wie von alleine. „Oft suchen wir händeringend eine Lösung und finden sie nicht, weil wir uns im Kreis drehen. In der Ruhe geben wir Ideen die Möglichkeit, an die Oberfläche zu treten.”
Die Selbst-Liebe steht deswegen ganz oben auf jeder To-Do-Liste der Stressbewältigung. Wer sich in seinen Alltag kleine, dem eigenen Gusto entsprechende Highlights einbaut, kann von der Energie, die sie einem geben, später noch zehren. Das können lange Spaziergänge, Sport, ein Wellnessprogramm, ein leckeres Essen mit gutem Wein, Meditation, ein Sonnenbad oder der beruhigende Blick in ein Kaminfeuer sein. „Alles, was uns entspannt, lädt unsere Akkus auf. Sind sie übervoll, schaffen wir das Doppelte in gleicher Zeit.” Den Satz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen” solle man streichen, richtig sei es genau andersherum.
Im Seminar werden die Teilnehmer neben dem theoretischen Teil deswegen rundum verwöhnt: In „Traumreisen” lässt sie sie wie Möwen über dem Meer schweben, beim gemeinsamen Tanzen zu sphärischen Klängen stärkt sie das Vertrauen in sich selbst. Weil die Gruppen nicht größer als zehn Personen sind, hat sie Zeit, auf jeden Einzelnen einzugehen. Bei der Innenarbeit, bei der sie mit rituellen Worten, Karten und Symbolbildern agiert, fließen bei einigen Tränen, dann wirken die Teilnehmer regelrecht erlöst, strahlen übers ganze Gesicht. „Viele Stressfaktoren haben ihre Wurzel in alten Strukturen aus der Kindheit”, weiß Straub. Elke arbeitet so etwa mit ihrer Hilfe heraus, dass sie sich unterbewusst extra in stressige Situationen begibt, um sich ihrem Umfeld, allen voran der Familie, zu beweisen. „Unsere innere Einstellung zu den Dingen ist entscheidend”, erklärt Martina Straub, „letztlich folgt Materie unserem Geist: Wir erschaffen unsere eigenen Realitäten. Deswegen ist es so wichtig, wie wir sie erschaffen.”