Inselbrief - Juni 2014 - Empathie im Arztzimmer - Casa Corazon

In letzter Zeit beklagen sich immer wieder Klienten bei mir über das mangelnde Einfühlungsvermögen von Ärzten. Sie bekommen heftige Diagnosen an den Kopf geworfen und wissen nicht wie sie damit umgehen sollen. Bevor der Patient richtig verstehen kann um was es geht, wird ihm oft eine Therapie übergestülpt, die sich aber für ihn nicht stimmig und richtig anfühlt. In solch einen Fall ist der Heilungsprozess leider nur selten gegeben, da der Patient in der Tiefe nicht überzeugt ist, denn er hat die Entscheidung für die Therapie nicht selbst  bewusst getroffen.

Claudia hat eine Autoimmunkrankheit, die aufgrund ihrer Seltenheit ziemlich unerforscht ist. Als sie die Diagnose erhalten hat, sagte der Arzt im nächsten Satz: „Sie brauchen sofort eine Chemotherapie.“ Sie hatte bis dato noch nichts von der Krankheit gehört und wollte sich zu erst darüber informieren und noch die Meinung eines anderen Arztes einholen. Sie sagte zu ihrem behandelnden Arzt: „Ich möchte im Moment keine Chemotherapie.“ Daraufhin wurde dieser wütend und antwortete ihr beleidigt: „Das können sie nicht machen, das Medikament ist sehr teuer und ich habe es schon für sie bestellt.“ Claudia hörte auf ihre innere Stimme und blieb sich selbst treu. Heute zwei Jahre später wurde sie in eine Forschungsstudie aufgenommen. Ihr geht es so gut wie nie zuvor.  Der Professor, der diese Studie leitet, sagte zu ihr: „Es war sehr gut, dass sie damals keine Chemotherapie bekommen haben, denn ihn ihrem Fall wäre dies kontraproduktiv gewesen.“

Dies ist ein Beispiel von vielen und sicherlich kann man nicht alle Mediziner über einen Kamm scheren, aber dennoch ist immer wieder zu erkennen, dass die meisten Ärzte ihre Diagnosen und Therapieformen nicht sehr empathisch mitteilen. Oft wird dem Patienten Angst gemacht oder er wird in völliger Unsicherheit allein gelassen. Aus diesem Grund ist es für jeden Patient wichtig, dass er, wenn es möglich ist, die Entscheidung über die Therapieformen selbst trifft und sich nicht von seinem Arzt verunsichern lässt.

In vielen Fällen sind Ärzte mit solchen Situationen überfordert. Dieser Überforderung kann Stress oder auch der Wunsch dem Patienten zu helfen und keine Fehler dabei zu machen zugrunde liegen. Dadurch kann der Arzt oftmals nicht die Bedürfnisse und Empfindungen des Patienten erkennen. Diese sind aber enorm wichtig für den Heilungsprozess, denn nur wenn der Patient der Heilungsmethode auch unbewusst zustimmt und nicht in den inneren Widerstand geht, können seine Selbstheilungskräfte aktiviert werden.

In einer Essener Klink wurde dieses Problem bereits erkannt und es wird zur ärztlichen Betreuung ein Coach hinzugezogen. Ein Coach mit einer guten Ausbildung ist in der Lage auf den Patienten empathisch zuzugehen und auch seine Bedürfnisse zu erkennen, sodass er in einem Coaching-Gespräch unterstützt wird, mit der Diagnose umzugehen und die richtige Entscheidung für die Therapie zu treffen. Darüberhinaus kann der Patient mit einem Coach den psychosomatischen Hintergrund der Krankheit erarbeiten. Zusätzlich lernt er noch wie er mit den Emotionen und Sorgen seines Umfelds besser umgehen und sich entsprechend abgrenzen kann.

Ich wünsche mir, dass Ärzte sowie Patienten, achtsamer mit dem anderen und eigenverantwortlich mit sich selbst umgehen.

„Vertraue immer Deiner inneren Stimme, egal was ein anderer sagt.“